Feuerlose Dampf-Lokomotiven
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aus: Werner Pfeiffer "Feuerlose Dampf-Lokomotiven"
im Altenkirchener Heimat-Jahrbuch 2001
Nach der ersten Lokomotive, die im Jahre 1885 von Arnold Jung und Christian Steimer im Jungenthal gemeinsam gebaut und ausgeliefert wurde, entwickelte sich hieraus die Arn. Jung, Lokomotivfabrik, Jungenthal b. Kirchen/Sieg (Rheinland) stetig aufwärts, aus der dann, zwei Jahre nach dem Tod von Arnold Jung, im Jahre 1913 die Firma ihren endgültigen Namen, Arnold Jung Lokomotivfabrik GmbH, Jungenthal, Kirchen a. d. Sieg erhielt. In den über hundert Jahren der Arnold Jung Lokomotivfabrik GmbH wurden mehr als 12500 Lokomotiven, davon ca. 4600 Dampflokomotiven in Jungenthal bei Kirchen auf die Gleise gestellt. Das Unternehmen hatte sich bereits in kurzer Zeit aus kleinen Anfängen zu einer bedeutenden Unternehmung auf dem Gebiet des Eisenbahnbaus in Deutschland entwickelt. Nach eigenen Angaben stellte die Lokomotivfabrik etwa 25 Jahre nach der Firmengründung bereits jährlich ca. 300 Lokomotiven her. Arnold Jung zählte unter anderem zu den ständigen Lieferanten der Preußisch-Hessischen-Staatsbahn-Verwaltung und befaßte sich bereits seit dem Gründungsjahr insbesondere mit dem Spezialbau von kleinen, vielfach für den Export bestimmter Lokomotiven in jeder vorkommenden Heizungsart, Spurweite und Ausführung.
Einen kleinen, jedoch nicht unwesentlichen Anteil daran hatten auch die feuerlosen (Dampf-) Lokomotiven, die sich wegen ihrer äußerst einfachen Bauart und Wirkungsweise besonderer Beliebtheit und Verbreitung erfreuten. Feuerlose Lokomotiven, allerdings mit einer anderen Technologie, nämlich Druckluft-Grubenlokomotiven wurden noch bis in das Jahr 1987 gebaut,und in den Tagen der Betriebsschließung stand noch eine generalüberholte Druckluftlok auf dem Firmengelände. Zur feuerlosen Lokomotive erschien eigens im Jahr 1911, dem Todesjahr des Firmengründers Arnold Jung, der Katalog Nr.6, ein Spezialkatalog für "Feuerlose Lokomotiven". Dieser trägt noch die alte Unternehmensbezeichnung und das bis dato verwendete Firmenlogo, die Initialien "AJ" auf einem hellen Spiegel.
In diesem Katalog wurden neben der kurzen Darstellung des Unternehmens insgesamt neun verschiedene Modelle der im Programm befindlichen feuerlosen Lokomotiven in den Spurweiten 600 bis 1435 mm und einem Dienstgewicht von 4,2 bis ca. 22,5 Tonnen angeboten. Diese wurden als Sternreihe mit den Bestell-Codeworten:
bezeichnet, wobei damals auch eine Baureihe der gefeuerten Tenderlokomotiven mit "S" begann. Die Leistungsmerkmale können der "Tabelle der Normalmaschinen" sowie der "Leistungstabelle der feuerlosen Lokomotiven" entnommen werden.
ReferenzGeradezu begeistert klingen die in diesem Katalog veröffentlichten Referenzen von Betreibern dieser Maschinen. So schwärmt die Elmore´s Metall-Aktiengesellschaft aus Schladern in einem Schreiben vom 14. Januar 1911 geradezu:
Besser hätten auch die Verkäufer aus der Jung´schen Lokomotivenfabrik selbst die Vorzüge ihres Produktes nicht darstellen können. Leider ist nicht zu entnehmen, um welchen Typ der damals gefertigten Lokomotiven es sich handelte.
EinsatzgebieteDie feuerlosen Lokomotiven wurden hauptsächlich zu Rangierzwecken auf Hüttenwerken und größeren Fabrikanlagen verwendet, aber auch in allen Betrieben, in denen wegen der Feuergefahr gewöhnliche Lokomotiven mit Kohlen- oder Holzfeuerung nicht in Betracht kamen wie z. B. in Papier-, Pulver- und chemischen Fabriken, auf größeren Holzlagerplätzen, in Gasanstalten u. a. m. Hinzu kamen die im Verhältnis zu Dampf- oder elektrischen Lokomotiven niedrigeren Anschaffungs- und Unterhaltungskosten, insbesondere wenn, wie zu der Zeit in großen Betrieben üblich, bereits ein Kesselhaus mit einer Dampferzeugung vorhanden war. Da die feuerlosen Lokomotiven keinerlei Rauch entwickeln, wurden sie auch für geschlossene Räume/Werkstätten, Tunnels und Gruben unter Tage eingesetzt. Voraussetzung für die Verwendung feuerloser Lokomotiven war das Vorhandensein einer stationären Kesselanlage, die den zum Betrieb der Lokomotive benötigten Dampf lieferte.
Die Vorteile der feuerlosen Lokomotiven gegenüber anderen Lokomotivarten werden wie folgt dargestellt:
Gegenüber Benzinlokomotiven bezw. Elektrischen Lokomotiven mit äußerer Stromzuführung oder Akkumulatorenbetrieb haben die feuerlosen Lokomotiven folgende wesentliche Vorzüge:
Mit diesen auch heute noch überzeugenden Verkaufsargumenten warb man um die verehrte Kundschaft, wobei sowohl die Betriebskosten-, als auch die Sicherheitsargumente so manchen überzeugt haben dürften. Benötigt wurde eine möglichst hohe Dampfspannung, und um die örtlichen Gegebenheiten prüfen zu können, war dem Katalog ein kleiner, einseitiger Fragenkatalog beigefügt. Da jedoch die feuerlosen Dampflokomotiven geradezu auf das Vorhandensein von stationären Dampfkesseln angewiesen waren, war ihr Niedergang mit Umstellung auf andere Energieträger, insbesondere Elektrizität aber auch Benzin und Diesel vorherbestimmt. Während die Dampflokproduktion erst 1964 endete, wurde immerhin im Jahre 1970 noch eine Dampfspeicherlok geliefert 2).
Konstruktion und Wirkungsweise der feuerlosen LokomotivenWorin lagen nun die wesentlichen technischen Unterschiede zur normalen Lok mit Kohlen- oder Holzfeuerung und der feuerlosen Dampfloks? Als Kessel der Lokomotive diente ein einfacher Walzenkessel ohne Siederohre und Speisevorrichtungen. Eine Einstiegsöffnung mit Mannlochdeckel, am zweckmäßigsten an der vorderen Stirnwand angebracht, gestattete ein Befahren des Kessels. Um möglichst trockenen Dampf zu den Zylindern zu leiten, war auf dem Kessel ein Dom aufgesetzt, von dem die Dampfentnahme erfolgt. An der vorderen Stirnwand war ein Absperrventil angebracht, durch das der Dampf von dem stationären Dampfkessel der Lokomotive zugeführt wurde. Der Unterbau und das Triebwerk unterschieden sich nicht von demjenigen gefeuerter Dampflokomotiven. Die Dampfzylinder wurden jedoch verhältnismäßig groß bemessen, um die gegen Ende der Betriebsperiode niedrige Dampfspannung noch möglichst ausnutzen zu können. Um die Wärmeverluste möglichst niedrig zu halten, wurden die Kessel und Zylinder mit präpariertem Kesselfilz oder Pyroisolit-Glimmerplatten gut isoliert.
Vor der Inbetriebnahme wurde der Kessel zu etwa 2/3 seines Inhaltes mit Wasser gefüllt. Danach wurde die Lok durch eine Rohrleitung mit einer stationären Kesselanlage verbunden und der Dampf von dort durch ein Ventil in den Lokomotivenkessel übergeleitet. Ein Teil des Dampfes kondensierte dann und heizte einen Teil des vorhanden Wassers auf eine Temperatur auf, die etwa der des einströmenden Dampfes entsprach. Der Rest des Dampfes sammelte sich in dem oberhalb des Wassers befindlichen Dampfraum. War der Kessel gefüllt, so wurde das Absperrventil geschlossen und die Rohrverbindung zum stationären Kessel gelöst. Die Maschine war nun betriebsbereit und konnte wie jede andere Maschine in Betrieb gesetzt werden. Sank während des Betriebes die Dampfspannung im Lokomotivenkessel, so entwickelte sich aus dem stark überhitzten Wasser stets neuer Dampf, mit jedoch immer geringer werdender Spannung. Die Füllung der Lokomotive dauerte ca. 5-10 Minuten, was sich jedoch auch nach der Größe der Maschine oder den örtlichen Gegebenheiten wie Leistungsfähigkeit der Kesselanlage oder Rohrleitungsdurchmesser richtete. Mit einer solchen Füllung konnte die Lokomotive, je nach der zu leistenden Arbeit ca. 3-4 Stunden betrieben werden. Eine erneute Füllung wurde erforderlich, wenn der Druck auf ca. 1,5 Atm. gesunken war. Die Wärmeverluste wurden als sehr gering angegeben. So sollte eine gefüllte und im Lokschuppen abgestellte Maschine über Nacht einen Spannungsabfall von weniger als 2 Atm. haben, was auch nach längerer Betriebspause einen Arbeitseinsatz zugelassen hätte. Nach den zugänglichen Unterlagen fuhren auf den Strecken der 13 Grubenbahnen im Kreis Altenkirchen 3) keine feuerlosen Lokomotiven. Allerdings wurden die Maschinen in einigen Hüttenwerken der benachbarten Reviere eingesetzt. So lieferte Arnold Jung je eine feuerlose Lokomotive in den Jahren 1904 und 1906 an das Hochofenwerk Oberscheld bei Dillenburg und 1908 an die Wilhelmshütte der Hessen-Nassauischer Hüttenverein GmbH. Auch die Burgerhütte im Dillkreis benutzte eine feuerlose Lok zum Rangieren auf dem Hüttenhof. Die Bergverwaltung der Rheinischen Stahlwerke setzte in Algringen (Lothringen) eine feuerlose Lokomotive zum Personentransport unter Tage ein.
Quellen:
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