Christian Suhr - 479 Seiten, 1153 s/w-Aufnahmen, 44 Farbaufnahmen, 27 s/w-Grafiken, 10 Farb-Grafiken, 2 Karten, 15 Tabellen, 29 Zeichnungen, Format: 210 x 297 mm, gebunden, Preis: 49,00 €, Willich: Verlag Klaus Rabe, 2003, ISBN: 3-926071-29- X
Das vorliegende opulente Werk beleuchtet ein bisher in der Literatur noch nicht behandeltes Stück sächsischer Waggonbaugeschichte. 1866 gründete Carl Hermann Schumann in der westsächsischen Industriestadt Werdau eine Schmiede und Wagenbauanstalt. Das aufstrebende Unternehmen befasste sich Ende des 19. Jahrhundert bereits schwerpunktmäßig mit dem Bau von Möbelwagen und beschloss als erstes sächsisches Unternehmen den Bau von Eisenbahnwaggons aufzunehmen. Obwohl im Oktober 1897 bereits der erste Güterwaggon das Werk verließ, erzwangen ein Jahr später finanzielle Engpässe die Umwandlung des Familienunternehmens in die „Sächsische Waggonfabrik Werdau GmbH“.
Die wirtschaftlichen Folgen nach Ausbruch des ersten Weltkrieges führten 1917 zum Zusammenschluss der drei sächsischen Waggonfabriken Busch in Bautzen, Schumann in Zwickau und der sächsischen Waggonfabrik in Werdau zur „Hermann Schumann AG“. Dabei entwickelte sich das Werk in Werdau zum Spezialisten für den Omnibusbau sowie für LKW-Kofferaufbauten. Der große Auftragseinbruch im Waggonbau Ende der 1920er Jahre führte zu einer Übernahme der Schumann AG mit ihren drei Werken durch die in Breslau ansässigen Linke-Hofmann-Werke. Das neue Unternehmen firmierte fortan unter Linke-Hofmann-Busch Werke (LHB). Während das Bautzener Werk von Busch auch namentlich in das neue Unternehmen integriert wurde, bedeutete das Jahr 1928 das Ende für das Zwickauer Werk, dessen Produktion nach Werdau verlagert wurde. Neuer Fertigungsschwerpunkt in Werdau war fortan der Omnibusbau sowie die Fertigung von LKW-Aufbauten aller Art. Der Waggonbau wurde schrittweise nach Bautzen oder Breslau verlagert. Doch eine zunehmende Verlagerung der Aufträge nach Bautzen offenbarte frühzeitig die Schließungsabsichten der LHB für ihr Werdauer Werk, die dann auch im Februar 1932 umgesetzt wurden. Noch im selben Jahr gelang leitenden Mitarbeitern die Anpachtung des Werkes von LHB, um unter der Firmierung „Schumann GmbH“ erneut in den Karosseriebau einzusteigen. Der Waggonbau hingegen wurde eingestellt. 1938 kam als neuer Zweig die Fertigung von O-Bussen hinzu. Als Folge des zweiten Weltkrieges wurde das Werk nach 1945 enteignet und 1948 dem Waggonbautrust „Vereinigung Volkseigener Betriebe Lokomotiv- und Waggonbau „(LOWA) angegliedert. Neben der Reparatur von Reichsbahnwaggons begann in Werdau erneut der Bau von Schienenfahrzeugen. Außer Drehgestellen, gedeckten Güterwagen und Kühlwagen kamen die Reparatur und der Neubau von Straßenbahnen und O-Bussen sowie ab 1951 die Fertigung von Omnibussen hinzu. Im Juli 1952 kam jedoch das endgültige Aus für den Schienenfahrzeugbau in Werdau, als mit dem Produktionsbeginn des legendären LKW H 6 das Werk der IFA Vereinigung volkseigener Fahrzeugwerke angeschlossen wurde.
Nach der Wende wurde das Unternehmen 1990 an die Kögel Fahrzeugwerke AG Ulm verkauft und firmierte bis zu deren Insolvenz (2004) als „Kögel Werdau GmbH & Co. Fahrzeugwerk“. Seither wird es unter dem Namen „SAXAS Nutzfahrzeuge Werdau AG“ weitergeführt.
Dem als Nutzfahrzeughistoriker bekannten Autor ist es dank jahrelanger, akribischer Recherchen gelungen, ein umfangreiches Werk zur sächsischen Nutzfahrzeuggeschichte zu präsentieren. Chronologisch wird der Leser durch die einzelnen Zeitabschnitte geführt, die üppig mit Original Werkaufnahmen illustriert sind. Diese konnte der Autor in diversen sächsischen Industrie- und Wirtschaftsarchiven ausfindig machen. Dank der umfangreichen Seitenzahl konnten Autor und Verlag auf die oftmals anzutreffende Unsitte verzichten, hist. Aufnahmen in der Größe von Briefmarken abzubilden. Das hervorragend gestaltete Buch spricht den Eisenbahnfreund genauso an wie den Liebhaber von Omnibussen und LKW. Bei dieser positiven „Informationsflut“ ist der Buchpreis mehr als gerecht anzusehen, zumal vergleichbares zu den an diesem Standort beheimateten Unternehmen bisher nicht in einem Kompendium zu finden waren.
Ein ähnlich umfangreiches Werk wünscht sich der Autor übrigens auch zur VOMAG in Plauen, die neben LKW´s und Bussen auch Textil- und Druckmaschinen fertigte. (msch)