Locomotiv-, Maschinen- & Kesselfabrik J. Kernaul & Co., München-Giesing


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Es sind keine Lokomotiven erhalten geblieben
   

Firmen-Geschichte

Der Fabrikdirektor J. Kernaul in der Birkenleiten 1/0 (München-Giesing) taucht im Münchner Adressbuch 1876 erstmals auf, bereits ein Jahr zuvor wirbt Kernaul mit einer 9x17 cm großen gestalteten Anzeige und dem Bild einer zweiachsigen Tenderlokomotive im Stil eines Werbeschreibens wie folgt:

 


Kernaul-Anzeige von 1876 (Sammlung Helge Latte)

Die Lok taucht übringens auch in Werbeanzeigen von Krauss auf, vom Typ her dürfte es tatsächlich auch eine Krauss-Lokomotive sein. 1897 verwendet kurrioser Weise O&K die Lok nochmals in einer Anzeige.

Wie aus der Anzeige zu entnehmen ist, entsteht 1875 das Kernaul´sche Werk durch Kauf der Maschinenfabrik von "Fr. Angerer jun.", wobei dies ein Setzfehler sein könnte und die Firma Ungerer gemeint ist. Fritz Ungerer (Ungerer sen.) hatte 1851 in der Dachauerstrasse in München eine Eisengiesserei und Maschinenfabrik gegründet und 1866 die 1826 gegründetet Mannhardt‘sche Werkzeugmaschinenfabrik übernommen. Josef Kernaul hat sich mit dem Kauf des Werkes in der Birkenleiten offensichtlich selbstständig gemacht, er war zuvor nämlich seit 1868 der Werkstätten-Vorstand (Direktor) bei Krauss in München.

Allerdings erscheinen schon wenige Jahre später als nachfolgende Besitzer des Kernaul-Werkes in der Birkenleiten wieder die Gebr. Ungerer mit der Firmenbezeichnung "Ungerer‘sche Eisen- und Lokomotivfabrik München 9, Birkenleiten 5a". Als 1886 die Firma Ungerer in eine AG umgewandelt wurde und nun als "Maschinenbaugesellschaft München“ firmiert, wurde der ehemalige stille Teilhaber Anton Ungerer technischer Leiter. Ob Anton Ungerer auch schon unter Kernaul „stiller“ Teilhaber war, oder Kernaul geschäftlich nicht in der Lage war zu bestehen und das Werk wieder auf den ursprünglichen Eigentümer überging, ist nicht klar.

Die Spur zu Kernaul verliert sich in den 1880er Jahren im Münchner Raum: Bis 1889 ist im Münchener Adressbuch noch die "Maschinenfabrik Joh. Kernaul" verzeichnet, danach folgt ab 1890 die Maschinenfabrik Adolf Kernaul und die Maschinenfabrik Kernaul & Pfalner. 1892 und 1893 ist nur noch "Johann Kernaul, Civil-Ingenieur, maschinentechn. Bureau" zu finden. Diese dürften aber nicht in direktem Zusammenhang mit der hier beschriebenen Locomotiv-, Maschinen- & Kesselfabrik J. Kernaul stehen. Das Deutsche Museum – Archiv verzeichnet in den Sammlungen „Bildarchive Firmen“ und „Firmenschriften“ keine Unterlagen zu Kernaul, auch das Bayerische Wirtschaftsarchiv besitzt keine Vorgänge zu Kernaul.

 

Produktionszahlen

Zwei Lieferungen von Kernaul, die 1876 und 1877 erfolgten, sind bisher bekannt. In der Zeitung des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen werden 1875 zwei, ein Jahr später noch eine Lok angeboten. Es dürften dies die beiden 1876 und 1877 gelieferten Maschinen sein. Laut Heusinger "Handbuch für spec. Eisenbahntechnik" von 1882 wie auch Schmeiser wurden bis dahin 5 Lokomotiven gebaut. Röll nennt 10-15 Maschinen, vorwiegend Kleinloks. Von der 1875 unter Fabriknummer 1 gebaute Feldbahn-Dampflokomotive ist sogar ein Bild erhalten geblieben.


Kernaul FNr. 1/1875 (Sammlung C. Asmus)

Allerdings taucht das Kernaul-Werk in den Adressbüchern im Branchenteil unter dem Stichwort „Fabrikbesitzer; Lokomotiven“ nicht auf - im Gegensatz zu Krauss & Cie. und Maffei. Es ist also denkbar, dass Kernaul die beiden Lokomotiven nicht selbst gebaut, sondern sich als Zwischenhändler betätigte und die Maschinen „umetikettiert“ hat. Denkbar wäre aber auch eine Lizenzfertigung, zumindest Schmeiser verweist darauf, das es sich bei den beiden Maschinen um "Krauss-Typen" handeln soll. Da Kernaul, wie oben beschrieben, langjähriger Leiter der Werkstatt bei Krauss war, dürfte er durchaus in der Lage gewesen sein, die Lokomotiven selbst zu konstruieren und zu fertigen.

Nr.Bj.BauartSpurweitegeliefertEmpfänger/Verbleib
11875Bn2t1000 mm.1876S.H. Gutmann, Belisce /=> Slawonische Drautalbahn - Szlavoniai Drávavidéki Vasut SDV "11" (v/v)
21877 ?Bn2t1435 mm.1877Oberhessische Eisenbahn "23" /1896 KED Frankfurt/M "1543" (1903-04 a)

 

Quellen


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© Jens Merte